Aus Italien - Strauss bei 32 Grad

Veröffentlicht am 30. Juni 2024 um 17:29

Da es draußen 32 Grad im Schatten hat, verkrieche ich mich in der abgedunkelten Wohnung (in der sogar ein Vampir tagsüber durch die Räume schleichen könnte, ohne von einem Strahl des Tageslichts getroffen zu werden). Da jede Bewegung eine zu viel ist, schleppe ich mich vorsichtig zur Musikanlage und lege eine CD in den Player (ja, so etwas verwende ich noch). Der prallen Temperaturen draußen eingedenk fällt die Wahl auf eine selten gehörte CD-Box: Rudolf Kempe, Richard Strauss sinfonische Dichtungen, eingespielt im Jahr 1974 mit der Staatskapelle Dresden. Nicht falsch verstehen - ich liebe Richard Strauss und diese unglaubliche Opulenz des Klanges, höre aber meistens die in meinem Besitz befindlichen Einspielungen mit dem guten Herbert (von Karajan) oder jene von Christian Thielemann (v.a. die Alpensymphonie). Mein absolutes Lieblingsstück ist  die Tondichtung "Tod und Verklärung", aber wie gesagt, der Temperatuten eingedenk ist es heute das von mir ganz selten gehörte "Aus Italien", die erste Tondichtung von Strauss, 1886 vollendet und mit Ambivalenz aufgenommen. 

Und heute trifft es mich voll - vor allem die Sätze "Aus der Kampagna" und "Am Strand von Sorrent" klingen nicht nur im Ohr, sondern vor allem im Herzen. Die Klanggewebe, die Strauss hier hervorzaubert (zum Zeitpunkt der Komposition erst 22 Jahre alt!) sind so unglaublich schön. Man hört die Weite und damals zarte Idylle der kampagnischen Felder und man "hört" die flirrende, klirrende Hitze Sorrents, die den Körper ermüden lässt und ihn in einen Zustand des Dösens, des Tagträumens versetzt. Bei "aus Italien" ist alles schon da, was den späten Strauss so erfolgreich machen wird - die singenden Hörner und der goldsilbrige Klang des Rosenkavaliers, das atmosphärische Soundgeflecht des Zarathustra oder des Heldenlebens.  Was für ein geniales Jugendwerk, was für perfekte Landschaftsmalerei mit Mitteln der Musik. Ich liege auf der Couch und dämmere hinein in einen Zustand glückseligen Aufgehens in vollendeter Musik. Absolute Hörempfehlung- auch - oder gerade bei brütender Hitze.

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