Seit zwei Jahren gehe ich kaum noch in die Berge - und das, obwohl ich Bergsteigen (nicht wandern!) immer schon geliebt habe. Der Grund ist, wie so oft in langen Beziehungen, eine neue Liebe: das Radfahren. Nun ist diese Betätigung etwas, die ich seit Kindesbeinen an gemacht habe. Als Jugendlicher saß ich leidenschaftlich gerne am Rennrad meines Vaters (ein Puch Mistral E) und übernahm das Teil aufgrund von Gewohnheitsrecht ganz einfach in meinen Besitz (mein Vater ließ es geschehen - danke Dir dafür - ich weiß, du liest von oben diesen Blog mit). Und seit ich in Klafu arbeite und in Krudo wohne bin ich Ganz-Jahres-Radpendler. Warum also die neue Leidenschaft für etwas, was sowieso Teil meiner Geschichte und meines Alltags ist?
Der Grund liegt in der breiten Palette von genialen Rad-Arten, die es einem erlauben, einstmals radfeindliches Terrain elegant zu meistern- und vor allem im Faktor Zeit. Zuerst ad Palette: Ganz theologisch-trinitarisch sind bei mir drei Räder im Einsatz, von denen jedes einen eigenen Genuss bietet. Alle drei sind günstige, doch gute Exemplare (die Preise für Räder sind mittlerweile obszön geworden, der Hype um bestimmte Arten ist nur mehr peinlich): ein Mountainbike (Muddy) von Cube, ein Gravelbike (Sky), ebenfalls von Cube und ein Rennrad (Black Beauty) von Scott.



Mit dieser velocipalen Trinität ist jede Form von Untergund und jede Art von Terrain mach- und meisterbar. Mit dem MTB geht es im wahrsten Sinn über Stock und Stein, mit dem Gravel fast rennradschnell über jede Art von Straßen (Asphalt-, Schotter- und Forst-) und mit dem Renner pfeilschnell am Asphalt dahin.
Das wichtigste Argument ist aber die Zeit: Bergtouren verlangen Aufwand. Auch wenn von Krumpendorf aus absolut schöne Gebirgsgruppen relativ schnell erreichbar sind (in 1 1/2 Stunden bin ich in den Juliern oder den Karawanken, in einer Stunde in den Nockbergen und den Gurktaler/Seetaler Alpen, in zwei bei den Riesen der Hohen Tauern), ist eine Bergtour mindestens ein Tagesunternehmen, das außerdem noch eine stabile Wetterlage und ideale Verhältnisse (trockene Wege, eis-und schneefreie Routen) verlangt. Mit den Bikes geht es von der Haustür los, auch bei wechselhaftem Wetter - und das ohne großen Zeitaufwand. 2 Stunden voll Speed auf dem Renner machen mich gleich fertig wie eine sechsstündige Bergtour. Bergsteigen benötigt Planung, Radfahren geht nach der Arbeit, in der Früh oder Abends.
Der Effekt ist dabei derselbe wie beim Bergsteigen - das Hirn fokussiert ganz auf die Tätigkeit des Gehens bzw im Falle des Rades bnatürlich auf die des Tretens der Pedale und auf den Weg. Die Gedanken werden nach einer bestimmten Zeit frei, man kommt in eine Art Trance, in der man zwar die Umgebung und Landschaft bewusst wahr nimmt, den Ballast des Alltags aber komplett ausblendet und durch die Gleichmäßigkeit der Bewegung trotz Anstrengung zur inneren Ruhe kommt. Nach einer Weile schießen die Endorphine ein, v.a. Dopamin und man fühlt sich gelöst, zufrieden, im "Flow". Wie meinten weiland Queen? "I love to ride my bycicle"- dem ist nichts hinzu zufügen.
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