Wahlen - ein Traum...

Veröffentlicht am 9. September 2024 um 21:19

In wenigen Wochen wird es wieder soweit sein - 6, 3 Millionen österreichischer Staatsbüger:innen ab dem Alter von 16 Jahren sind wieder aufgerufen, ihr Kreuzerl zu machen und wählen zu gehen. Aber wen oder was wählen wir eigentlich? Wenn man den Plakatwäldern, den insta-Einschaltungen, den Werbespots in TV und social-media Kanälen glauben würde (und den Berichten in den Printzeitungen/Fernsehsendern), dann wählen wir am 29.09. eine/n neue/n Bundeskanzler:in - was natürlich vollkommener Schwachsinn ist. Wir wählen die Zusammensetzung des Nationalrates, sprich die Aufteilung der 183 (bequemen?) Sitze im österreichischen Parlament nach Parteien (derzeit sind es fünf, es könnten nach dem 29.09 aber auch mehr - oder weniger - werden). Und dann werden diese Parteien wie immer geartet auch in Koalitionsverhandlungen treten und irgendwann so weit sein, eine neue Regierung mit Kanzler:in und Minister:innen zu bilden. 

Dieser lehrmeisterlich klingende einleitende Exkurs hat einen bestimmten Grund: sei es durch mein fortgeschrittenes Alter und die damit hergehende wachsende "Grantelei", sei es durch die Gesprächsfetzen, die man(n) so aufschnappt  - ich halte es immer schwerer aus, wenn ich jemanden höre, der sagt, er wird "diesen oder jenen" wählen. Wir wählen keine Personen, sondern entscheiden über Wahlprogramme - und deshalb ist es verdammt noch mal die Pflicht jedes Wählenden, sich vor dem Wahlakt über die Programme der wahlwerbenden Parteien schlau zu machen und zumindest die wichtigsten Forderungen zu kennen. Tools wie "wahlkabine.at" oder "der Standard-wahlkompass" ermöglichen das schnell, einfach und informativ. Warum das wichtig ist -  weil ohne Genierer von Wahlwerbenden die Wählenden kaltschnäuzig angelogen werden. Ein Beispiel: wenn der amtierende Bundeskanzler erklärt, dass er "mit Kickl" keine Regierung bilden wird, es aber in der FPÖ vernünftige Politiker:innen gäbe, mit denen eine Regierung möglich wäre, dann ignoriert (und verschweigt) er bewusst, dass ALLE freiheitlichen Politiker:innen hinter ihrem Wahlprogramm stehen (müssen), also hinter einer "Festung Österreich", hinter der Forderung nach "Meldestellen für politisierende Lehrer" (Seite 58), die Abschaffung der Meldestelle gegen Polizeigewalt (Seite 24), der möglichen Aufkündigung völkerrechtlicher Verträge und internationaler Abkommen (Seite 33), dem weiteren Einkauf von russischem Gas (Seite 38) und dem Ausstieg aus dem "green deal" (Seite 41), um nur einige "Schmankerl" zu nennen. 

Das gilt natürlich für alle Parteien - wir wählen nicht Nehammer, Meinl-Reisinger, Kogler, Kickl oder Babler, sondern wir entscheiden uns darüber, wie Österreich in den kommenden Jahren politisch gestaltet werden wird anhand der Symbiose der Wahlprogramme der schlussendlich koalierenden Parteien.

Dementsprechend habe ich einen Traum, um Martin Luther King zu paraphrasieren: ich habe einen Traum von einem Wahlkampf, in dem anstelle von Platitüden Punkte aus den Wahlprogrammen affichiert und plakatiert werden. Ich habe einen Traum, dass Menschen, bevor sie zur Wahl gehen, sich über die Programme informiert haben und in der Wahlkabine ihr Kreuz aufgrund inhaltlicher Übereinstimmung und nicht aufgrund einer/s Spitzenkandidat/in setzen. Für die Wahl 2024 ist dieser Traum vermutlich leider schon ausgeträumt - aber Träume kommen oftmals wieder; vielleicht bei nächsten Wahlen.

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