Draußen regnet es, die Restfamilie schläft bereits oder hat sich im eigenen Zimmer vor dem PC eingebunkert - und ich habe wieder einmal die Kopfhörer auf. Noch unentschlossen, welche LP es werden soll, scrolle ich - so quasi als digitale Überbrückungshilfe - durch meine spotify-playlists und stoße dabei auf eine, welche ich erst vor kurzem als unmittelbare Reaktion auf das Wiederhören von Tracy Chapmans "Baby can I hold you" auf die schnelle angelegt habe- musikalisch-thematischer Schwerpunkt deshalb: langsame Pop/Rock-Balladen, oder, wie man auf gut obersteirisch sagen würde, "L'amour-Hatscher". Also Lieder, zu denen man in meiner Jugend im vorigen Jahrtausend mit derjenigen Person getanzt hat, mit der man mehr als nur tanzen wollen würde- als Faustregel galt damals: blieb die junge Dame (beim Schulball/in der Disco) mehr als drei solcher Lieder am Stück ohne die Flucht zu ergreifen, waren die Erfolgschancen sehr hoch....
Nun bin und war ich nie so sehr der Hitparaden-Typ, aber einige Kracher von vor vier bis fünf Jahrzehnten (f..k!) schaffen es doch tatsächlich, mir noch heute das Lächeln aufs Gesicht zu zaubern - Gary Moore's "Still got the blues" ist eine solche, ja einer der Lehrbuchnummern für angenehm-melancholischen Erinnerungsherzschmerz: schon vom ersten Gitarrenriff weg hat dich die Nummer. Ohne Vorwarnung, vom ersten Ton, ohne Gnade, ach wie schön! Und sobald Moore erklärt, "it used to be so easy to give your heart away", dann geht es richtig los mit der Erinnerung an das Ziehen in der Herzgegend, an das schrecklich-schöne Sehnen. Als melancholisch-nostalgischer Overkill fängt Moores Gitarre zu weinen an und man versinkt in eine Zeitblase der Erinnerung . Dann hat er dich, der blues.
Verdammt, denke ich dann, war sie schön, diese Jugendzeit - doch noch mehr denke und danke ich dass ich mich zurück erinnern kann, dass ich mit der Verklärung des Alters auf diese Zeit der Aufgewühltheit schauen - und diese Erinnerungen noch immer auch als Gefühlserinnerungen erleben kann. Thanks to Gary and other musical heroes I still got the blues- und das tut so gut.
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