Auftrag Zukunft - Christ:in sein für eine demokratische Gesellschaft

Veröffentlicht am 21. Jänner 2025 um 10:11

Vom 09. - 11. Jänner 2025 fand die diesjährige "Österreichische Pastoraltagung" in Salzburg statt; eine subjektive Rückschau

Zuerst die allgemeinen Eckdaten: Anfang Jänner ist das Bildungshaus St. Virgil traditionellerweise kirchlich gesehen „the place to be“. Jedes Jahr findet die österreichische Pastoraltagung statt – immer zu einem anderen Thema, immer mit mehreren hundert Teilnehmer:innen, immer mit Bischof Josef als verantwortlichen Pastoralbischof. Der Rest des Publikums ist – je nach Thema - variabel, von ein paar katholischen Adabeis abgesehen, die jedes Jahr auftauchen um sich zu vernetzen, gesehen zu werden und/oder die Tagung für Parallel-Treffen nutzen. Vom Design her besteht die Tagung aus Referaten, Workshop-oder Gesprächsrunden, Liturgischen Feiern und der Möglichkeit, an der Theke und in der Cafeteria Hirn und Leber zu beschäftigen. So weit, so gewöhnlich, so vorhersehbar.

Doch dieses Jahr war manches etwas anders: die Leber bekam wohl wieder zu tun, die Vernetzung geschah auch, der smalltalk ebenso. Doch some things changed…

  1. Dieses Jahr war Frauenpower angesagt- von den sieben Hauptreferaten wurden sechs von Frauen gehalten- und von was für welchen: die Philosophin Lisz Hirn, die Journalistin und social-Media-Expertin Ingrid Brodnig, die Politikwissenschaflerin Tamara Ehs, die Pastoraltheologin Regina Pollak, die Religionswissenschaftlerin Theresia Heimerl, die Professorin für christliche Spiritualität an der Benediktinerhochschule in San Anselmo in Rom Isabelle Bruckner. Dazu noch Statements und Beiträge von Caritas-Chefin Nora Tödling Musenbichler, Imgard Griss, die Poetry Slammerin Helene Ziegler und Furche-Chefredakteurin Doris Helmberger-Fleckl. Sisters are doing it for themselves. Nur der Vollständigkeit halber- der referentarische XY-Chromosomensatz war Ansgar Kreutzer von der Uni Gießen.
  2. Es wurde Klartext gesprochen – in vergangenen Jahren wurde bei den Referaten und Statements sehr oft katholisch-verbrämt-enigmatisch-elegant-umschreibend dahinschwadroniert. Nicht so in diesem Jahr- die Damen redeten Klartext, aber auch – und das fiel auf – der Sekretär der österreichischen Bischofskonferenz, Peter Schipka, der in seinem Statement direkt die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner wegen ihrer Islam-Aussage kritisierte, um nur ein Beispiel zu nennen.

3. Die Akteur:innen waren in diesem Jahr auch ein bisschen „breiter aufgestellt“ als bei klassischen Pastoraltagungen- der Rapper kid pex, der den Verein „SOS Balkanroute“ gegründet hat, war ebenso zu erleben wie die Faktenchecker von „mimikama“, die Jägerstätter-Biografin Erna Putz, Vertreterinnen der „letzten Generation“ und der "Fridays for future",  das "Pfarrnetzwerk Asyl" und noch viele mehr.

Was aber kam zusammenfassend heraus?

Auf www.pastoral.at oder auf www.kathpress.at kann man die Hauptreferate nachlesen. Zusammenfassend ein paar Schlagworte zur Frage der Rolle von Christ:innen für eine demokratische Gesellschaft:

Christinnen brauchen Courage und Herz und eine Konflikt- und Diskursfähigkeit- und um eine solche Diskursfähigkeit sollten sich Pfarren und christliche Gemeinschaften bemühen und zu einem Lernort dafür werden (Bruckmüller)

Es braucht „ein politisches Christentum, das sein Gesicht in der Öffentlichkeit zeigt“.  Zu unterscheiden sei dabei jedoch zwischen einem politischen Christentum als aktiven Teil der Gesellschaft und einer Kirche, die sich politisch instrumentalisieren lässt (Kreutzer)

Es gibt Spannungen zwischen den Prinzipien der Demokratie und der kirchlichen Theologie. Die Idee des Reiches Gottes, das nicht von dieser Welt ist, lasse sowohl demokratische als auch undemokratische Auslegungen zu (Heimerl)

Es braucht die Förderung von Bildung im Bereich politischer und religiöser Ethik, die Reflexion autoritärer Gottesbilder und die Schaffung von partizipativen Strukturen innerhalb religiöser Organisationen. Denn: „Eine Demokratie braucht politisch wie spirituell gebildete Christinnen und Christen.“ (Pollak)

Auf einen Satz heruntergebrochen:

Die Kirche darf nicht parteipolitisch agieren, aber muss sehr wohl politisch sein. Christ:innen müssen politisch sein und müssen ihre Stimme erheben, wenn Unrecht droht – "sie haben eine Verantwortung für die Demokratie, die von allen getragen werden muss – auch von uns Christinnen und Christen" (Pollak).

Das Thema der Tagung konnte aktueller nicht sein. Wir erleben derzeit weltweit einen Trend weg von liberal-demokratischen Strukturen hin zu autoritären Regimen. Sich in der Kirchenbank zu verstecken und so zu tun, als ob eh alles passt, spielt sich nicht mehr. Demokratien sind fragil – und sie fallen nicht lautstark um sondern können leise und sehr schnell verwehen. Es ist daher unser Aufgabe – auch wenn es unbequem und unangenehm sein mag – laut und klar Stellung zu beziehen, wenn Menschenrechte mit Füßen getreten und demokratische Systeme unterlaufen werden. Unser Taufschein zwingt uns sozusagen dazu.

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