Ges(ch)ichtsfalten

Veröffentlicht am 11. März 2025 um 22:28

Ephraim Kishon hat einmal geschrieben, dass es, wenn man seinem Passbild zu ähneln beginne, höchste Zeit wäre zu verreisen.  Wie auch immer- meine Wenigkeit und Fotos sind eine alte Hassliebe, Schwerpunkt eindeutig auf Hass. Ich hasse es, fotografiert zu werden und fühle mich unwohl, wenn aus irgendeinem Grund ein Kameraobjektiv in meine Richtung zeigt (meine Frau kann ein ausgiebiges Lied  davon singen, wie einfach es ist, mich zu Familienfotos überreden zu wollen). Selfies machen, damit habe ich kein Problem (meist weil ich mich ohnehin immer fototechnisch dabei abschneide).

Foto: A. Hoffmann

Außerdem drücke bei Selfies ja ich den Auslöser, habe also das Gefühl der Kontrolle über das Bild (was sagt das eigentlich psychologisch über mich aus? - better of not knowing). Wie auch immer - ganz wenige Male gibt es Fotos von mir (also nicht von mir gemachte, sondern von mir gemachte - wie schelmisch), bei denen ich beim Betrachten das Gefühl habe, nicht einen mir völlig fremden (alten) Mann anzusehen, sondern einen mir bekannten (alten) Mann, ja, in denen ich mich gar wiedererkenne. Nebenstehendes Foto ist ein aktuelles Beispiel für solch ein seltenes Ereignis. Eine Kollegin von mir, die mit der Fotokamera wirklich umgehen kann, hat es in Salzburg geschossen.

Und ja, anhand der Gesichtsfalten erkenne ich mich wieder - und das freut mich sogar. Als junger Mann, also im vorigen Jahrtausend, habe ich immer gemeint, dass ich einmal gerne ein Gesicht mit Falten hätte, die Geschichten erzählen.

Beim Betrachten dieses Portraits, v.a. der Krähenfüße, ist mir das wieder eingefallen. Und damned, da stecken tatsächlich einige Geschichten in diesem Gesicht - an einige denke ich gerne zurück, andere hätte ich lieber nicht ins Gesicht und die Erinnerung eingeschrieben bekommen - aber sie sind Teil von mir und ich bin so geworden dank ihnen. Deshalb blickt mich nun ein knarziger,  leicht unaufgeräumt wirkender und fast so etwas wie lächelnder Steirer mit sichtbaren Gesichts-Jahresringen an. Irgendwie passt es - ich bin froh auf meine Ges(ch)ichtsfalten. Und das schöne daran - das Gesicht hat noch genügend Platz für neue Falten/Geschichten.

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Es gibt noch keine Kommentare.

Erstelle deine eigene Website mit Webador