Das Wort "Hexe(r)" leitet sich u.a. vom altslawischen "Haguzissa" ab - Heckenreiter:in. Damit waren Menschen gemeint, die auf einer Hecke sitzend ein Bein in die reale Welt hinabbaumeln lassen und eines in die irrationale, magische (?). Keine Angst, jetzt kommt kein esoterisch angehauchtes Pamphlet; aber die diesjährige Walpurgisnacht (30. April) war schon etwas besonderes- zumindest für die zahlreichen Teilnehmer:innen eines besonderen Konzertes in Maria Saal. Bei diesem Konzert ging es, dem Datum geschuldet, musikalisch auch um Hexen. Aber vor allem hatten die Besucher:innen das Gefühl, beim Hören und Erleben selbst ein bisschen aus der realen Welt heraustreten zu können.

Die umtriebige Stiftsorganistin und Chorleiterin von Maria Saal, Ingrid Klogger, hat die Damen ihrer Kantorei Maria Saal und einige Gastsängerinnen und -musiker:innen zusammengeholt und ein Konzert der etwas anderen Art auf die Beine gestellt- "drei mal drei Lieder", die "Frauenbilder" illustrierten - die Verführerin, die Liebende und die Erhöhte (Maria). Die Lieder reichten vom Mittelalter (Perotins "Beata Viscera") über die Renaissance (das englische Traditional "Scarborough Fair") und Klassik (Mendelssohns "Walpurgisnacht") bis in die Gegenwart (Ole Gjellos "Northern Lights" oder Stings "Every breathe you take", um nur ein paar Highlights zu erwähnen).
Schauplatz war der Vorplatz vor dem Dom in Maria Saal (bei den ersten beiden "Frauenbildern" und der Kircheninnenraum bei den geistlichen (Marien-)Liedern zum Schluss.
Das ganze Ambiente der beeindruckenden Kirchenanlage, ergänzt durch Feuerschalen und perfektem Wetter und der Konzertbeginn bei Sonnenuntergang legten den Grundstein für ein zu erwartendes spannendes Konzert. Und dann wurde es für mich doch noch so viel mehr..
Vorbemerkung: ich bin absolut kein Sänger und habe von Singen nicht wirklich Ahnung (ich singe nur in Ausnahmefällen). Von der Stimmlage her bin ich ein Bassbariton (wäre also der klassische Widersacher und Bösewicht in den meisten Opern - aber auch der fliegende Holländer, nur so zwecks Angeben). Ich bin aber - und die Arroganz darf erlaubt sein - ein guter Zuhörer (was Musik betrifft, was allgemeines Zuhören betrifft divergieren Selbsteinschätzung und Fremdwahrnehmung, zB die meiner Frau). Egal, ich höre als ehemaliger Musiker sehr wohl, ob ein Orchester gut drauf ist und ein Chorensemble gut singt. Gut? Was die singenden Damen da in der Walpurgisnacht abgeliefert haben, das hat das "klassische Zuhören" von mir bei weitem gesprengt- da war wieder ein "Verweile doch, du bist so schön - Moment", welchen ich einige Posts früher schon einmal beschrieben habe. Als im dunklen Kirchenraum die unglaubliche Solistin Perotins "Beata viscera" anstimmte stand die Zeit still - und als dann das Kleinensemble der Damen "Northern lights" nachlegte, war er wieder da. So ein Moment, in dem man aus der Zeit, aus der realen Welt hinaustritt, in der alles wie von Schönheit erstarrt scheint und der Klang einen voll und ganz erfüllt- und irgendwie sieht man auf sich selbst herab und hat das Gefühl, auf einer Hecke zu sitzen mit einem Bein........


Fotos im Beitrag: K. Wallner, Pfarre Maria Saal
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