Das Hinterland war stabil

Veröffentlicht am 28. Mai 2025 um 12:47

Foto: Kleine Zeitung/Manfred Schusser

Villach, 24. Mai 2025. In der siebentgrößten Stadt Österreichs (?) findet ein Burschenschafter-Treffen statt, im noblen Ambiente des Congress Centers Villach (die Stadt ist m. Wissens Miteigentümerin). Nicht irgendein Burschenschaftstreffen des Kartellverbandes, sondern der Burschentag - die jährliche Versammlung der schlagenden Verbindungen aus Österreich, Südtirol und Bayern. Also jener hardcore-Säbelschwinger, die durch deutschnationales Gedankengut und immer wieder durch ein "interessantes" Geschichtsbild in den Medien auftauchen, um es einmal euphemistisch auszudrücken.

Gastgeberin (ah, wie liebe ich es, hier nicht zu gendern) war die Verbindung "Arminia", in der Draustadt beheimatet und immer wieder

in den (lokalen) Schlagzeilen. So verteilten Mitglieder der Arminia beim Villacher Kirchtag Zitate der AfD, bei einer feuchtfröhlichen, die Leber trainierenden, Feier, die von Passant:innen aufgezeichnet wurde, wurde laut über die Wehrmacht sinniert und das Villacher Turmstüberl zum "SS-Sturmstüberl" (siehe Lokalmedien wie die Kleine Zeitung Kärnten, ORF Kärnten uvm).

Jetzt hatten die "schmissigen Säbelrassler" also ihre große Bühne und meinten, die Draustadt mit ihren bunten Kapperl, spitzen Säbeln und Trachtenjankern und Lederhosen (wissen die eigentlich, wie "woke" diese bunten Käppchen aussehen ???) erobern zu können (bei einigen ihrer Mitglieder wurde vielleicht an eine Heimholung in ein historisches Reichsgebiet gedacht, könnte ich mir vorstellen). Jedoch, weit gefehlt- ein Zusammenschluss verschiedener Gruppen (olta koroska, erinnern.at, ÖH Kärnten u.a.) haben eine Gegenveranstaltung organisiert: Unter dem Titel "das Hinterland bleibt stabil". Gegenüber dem Congress-Center. Rund 60 Personen kamen zusammen - einige junge Menschen,. einige von ihnen extra aus Wien und Linz angereist, einige Eltern mit Kindern waren dabei und ich mit 53 Jahren ausnahmsweise nicht der älteste Teilnehmer. Das ganze verlief friedlich und hatte den Effekt, dass die "Burschis" möglichst schnell im Congress Center verschwanden - also gelungene Ortsbildpflege, wie ich finde. 

Fotos: Kleine Zeitung/Manfred Schusser

Zwei Wahrnehmungen von meiner Seite: 

1. Ein erschreckendes Bild war die rechte Gegendemo. Zu dieser wurde über instagram aufgerufen (zumindest habe ich es dort gesehen) von einer Gruppe die sich "rechte Jugend Österreichs" nennt. Diese kam auch: eine handvoll Geschorener, darunter zwei Österreich-Fahnenträger, die meines Achtens zwischen 12 und 14 Jahren alt waren. Radikalisierung geschieht anscheinend immer früher.

2. Von katholischer Seite (jetzt kommt der Theologe in mir hoch) katastrophale Beteiligung: ein verdienter Ehrenamtlicher der Katholischen Aktion, eine Arbeitskollegin von mir (in ihrer Funktion als Mitglied der Plattform Migration) und ein ehrenamtlicher Pfarrgemeinderat waren neben mir die Vertreter:innen der katholischen Kirche Kärnten. Und dass, obwohl zumindest meine Kolleg:innen aus dem Diözesanhaus von dieser Veranstaltung gewusst haben.  Jetzt habe ich mir keine Massenbeteiligung kirchlicher Mitarbeiter:innen erwartet, so naiv bin ich nicht. Aber dass nicht zumindest ein paar andere den Weg nach Villach gefunden haben, regt mich einfach auf- v.a. im Hinblick auf die Tatsache, dass ja in Sitzungen, Treffen, Meetings, Studientagen usw. ja immer so gerne betont wird, dass wir als Kirche bei den Menschen sein sollen und eine gesellschaftspolitischer Verantwortung haben. 

Die Teilnahme an Demos ist nicht angenehm, ist mühsam und teilweise wohl auch riskant, keine Frage. Aber in Zeiten wie diesen, in denen immer offener Hass, Antisemitismus, rechtes Gedankengut und Verhetzung Verbreitung finden, in denen unverhohlen die alten braunen Geister wiederbelebt werden, muss man als getaufte/r Christ:in Zeichen setzen. Einfach ignorieren und nichts zu tun setzt auch ein Zeichen.... ein verheerendes, wie ich befürchte.

(Die Fotos stammen von Manfred Schusser/Kleine Zeitung) und sind in der online-Ausgabe der Kleinen am 24.05.2025 erschienen)

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