Wanderbegeisterte können ihr Fahrzeug einfach nach dem österreichischen Zollhaus am kleinen Parkplatz vor dem Loibltunnel stehen lassen. Auf der rechten Seite des Tunnelportals führt ein Forstweg in wenigen Minuten zu einer kleinen, wunderschönen Alm, die in sanften Wellen ansteigt und vom typischen Mischwald umgeben ist - eingerahmt von der beeindruckenden Kulisse der Nordflanken der Karawankengipfel. Es ist ein wunderschöner Ort, auch wenn die Alm verlassen ist und die klassische Bergidylle durch ein paar Skulpturen - Stahlträgern - unterbrochen ist. So nebenbei erwähnt - die Stahlträger sind Erinnerungsobjekte: sie markieren die Lage der Baracken. Denn die wunderschöne kleine Alm am Loibl war ein KZ.
In Blockbusterfilmen ist immer alles ganz einfach - Orte des absolut Bösen schauen auch so aus. Man erinnere sich an den Orthanc, die Festung Sarumans im Herr der Ringe oder an den Barad-Dur, den Turm des dunklen Herrschers selbst. In jedem klassischen Horrorfilm ist das Haus des Schreckens ein düsteres, morbides. Das Grauen umgibt sich mit einer Aura des Bösen - im Kino.
In der wirklichen Welt kann das Grauen an paradiesischen Orten zu finden sein - wie eben am Loibl, wo die Nationalsozialisten zum Bau des Loibltunnels zwei KZs anlegten - an der Nordseite (heutiges Österreich) und an der Südseite (Slowenien). Der Tunnel wurde mit Zwangsarbeitern aus dem KZ Mauthausen gebaut, vorwiegend Franzosen, aber nicht nur. Das Lager wurde als Außenlager von Mauthausen geführt- bewacht durch die SS wurde es ein Ort unendlichen Schreckens. Mehrere Jahre lang wurden in malerischer Alpenatmosphäre durch die braunen Täter Menschen gedemütigt, geschunden, erniedrigt, ihrer Würde und auch ihres Lebens beraubt.
Während auf slowenischer Seite schon sehr früh ein beeindruckendes und ermahnendes Denkmal an das ehemalige KZ erinnerte, dauerte es in Kärnten (warum wohl?) deutlich länger, bis der Ort des Lagers zu einem Gedenkort werden konnte - v.a. dank des unermüdlichen Einsatzes des "Mauthausen Komittees Kärnten" und seinem langjährigen Vorsitzenden Univ. Prof. Peter Gstettner.
Seit 30 Jahren gibt es Anfang Juni immer auch eine internationale Gedenkveranstaltung am ehemaligen Appellplatz des Lagers - mit Vertreter:innen und Angehörigen der Opfer aus Slowenien, Österreich und Frankreich.
Am 07. Juni war es in diesem Jahr wieder soweit- die Gästeliste war hochrangig: LH Peter Kaiser, Altbundespräsident Heinz Fischer als Hauptredner, ein Oberst der französischen Armee aus der französischen Botschaft in Wien als Vertreter Frankreichs, Superintendent Manfred Sauer als Hirte der evangelischen Kirche Kärnten (die katholische Kirche Kärnten war mit Domherren Dechant Janko Kristof offiziell vertreten).

Und ich war auch wieder dabei, aber warum eigentlich? Aus einem simplen, historischen Grund:
Administriert wurde das Lager von der Tarviser Strasse 30 aus. Das Priesterseminar und jetzige Diözesanhaus, also mein täglicher Arbeitsplatz, war von 1938-45 von den Nazis in Beschlag genommen. Offziell wurde das Haus "vermietet", ansonsten wäre es wohl wie so viele andere kirchlichen Häuser enteignet worden. In den Räumlichkeiten saß die "Universal Hoch- und Tiefbau AG", eine Baufirma, die Zwangsarbeiter aus den KZs zur Verfügung gestellt bekam. Dieses Wissen darum, wieviel Leid von dem Ort, an dem man arbeitet, "administriert" wurde und das Stehen bei den Überresten des KZs am Loibl, ist eine Verpflichtung! Niemals vergessen- kein Relativieren- kein Verständnis für rechte Rülpser, für Verharmlosung des NS-Zeit - und absolut kein Verständnis für Politiker:innen, die mit NS-Chiffren spielen und/ oder Menschenrechte hinterfragen.
Aus dem Priesterhaus wurde von 38 bis 45 das "braune Haus", aus einer Alm wurde eine Todeszone - das Grauen, das Böse, kann überall seine Wurzeln schlagen, egal wie schön, wie rein, wie sicher ein Ort scheint. Das ist die Lehre vom Loibl und vom Haus in der Tarviser Straße für mich. Deshalb: kein Schweigen, kein Verharmlosen, kein Weg-Schauen, null Toleranz gegenüber Nazis. Niemals wieder.






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